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Mittsommer in Nordjütland

Die Uhren scheinen in Nordjütland langsamer zu ticken. Hektik oder Stress sind für die Menschen im Norden Dänemarks anscheinend Fremdwörter. Aus der Ruhe bringt sie kaum etwas. Es sei denn, Dänemark verliert beim Fußball. Zufriedenheit drücken viele Gesichter aus. Freundlich grüßen sie auch Fremde. Die Dänen sollen ja die glücklichsten Menschen auf dieser Erde sein. „Nein“, korrigiert mich Elli, die schon vor mehreren Jahrzehnten mit ihrem Mann von Kopenhagen in eines der schmucken, gelben Häuschen gezogen ist.

Viele Häuser in Skagen tragen diesen ocker-gelben Farbton, der einst den Wohlhabenden hier vorbehalten war. „Wir sind nur noch die Zweitglücklichsten Menschen“, kennt die betagte Dänin die aktuelle Statistik. Sei’s drum. Elli – jedenfalls – ist glücklich. Vier Kinder hat die Dänin in dem 8.000 Einwohner großen Städtchen Skagen groß gezogen. Und heute freut sie sich an ihren Enkeln.

Im Sommer drängen sich an manchen Tagen hier bis 50.000 Menschen. Während der Ferienmonate bleibt hier kaum ein Bett frei und die Campingplätze vermieten auch noch die kleinste Ecke. Wenn dann noch die Kreuzfahrtschiffe aus aller Herren Länder anlegen, freuen sich Ladenbesitzer und Wirte. Für Norweger und Schweden ist das relativ nah gelegene Skagen nur eine kurze Schiffsreise entfernt. So tragen auch sie dazu bei, dass der Alkoholumsatz am nördlichsten Zipfel Dänemarks nicht in die Knie geht. Apropos Trinken und Essen. Wer Fisch und Shrimps mag, kommt in Skagen, das auch ein großer Fischereihafen ist, voll auf seine Kosten.

Wir sind vom „Pakethus“, das seinen ultra frischen Fische direkt im Hafen kredenzt. Wahre Gedichte. Und Bier gibt es hier zwar auch von großen Brauereien. Gepflegt wird hier wie überall in Dänemark die handwerkliche Brauerei. Für Bier-Fans ein genussvolles Muss.

Trotz der vielen Touristen in Skagen möchte Elli an keinem anderen Ort der Welt leben. Kein Wunder. Denn das Licht hier zieht einfach jeden in seinen Bann. Schon im 18 Jahrhundert zog es Künstler und andere Lebenskünstler auf den Landstrich zwischen Kattegat und Skagerrak. Wie eine stimmungsaufhellende Droge wirkt dieses milde Licht auf uns Menschen.

Dazu der Wind, der die Gräser auf den Dünen im Wind tanzen lässt. In den Gärten des Orts benebelt der Duft von Wildrosen die Sinne. Wie großartig Natur sein kann. An dieser Stelle streiche ich das Wort „großartig“, weil dieser Verrückte in den USA es stetig missbraucht. „Faszinierend“ tut es schließlich auch.

Wegen Sommer, Sonne und Wind sind wir ja eigentlich nicht nach Skagen gereist. Was wir hier erleben wollen, ist der Mitt-Sommer. Vom 23. auf den 24. Juni feiern die Dänen den längsten Tag des Jahres. Denn wird es hier nach 23.30 h zwar duster, aber nie ganz dunkel. Und so feiern die Nachfahren der Wikinger dann das Leben mit einem Fest und einem großen Holzfeuer am Strand. Mit Freunden machen es sich die Einheimischen dann in den Dünen bequem, trinken mitgebrachte Bier oder Wein, essen Smörrebröd, freuen sich am glühenden Holz und reden bis in die Morgenstunden. Diesen Brauch machen natürlich auch die Touristen gern mit und so sind bis zu 5.000 Menschen allein in Skagen um das große Feuer versammelt.

Nur 5.000! Denn erst in rund einer Woche beginnen mancherorts die Ferien. Und erst dann ist hier die Hölle los. Auch ohne Feuer. Uns zieht es weiterauf die Insel Loesö, die nur eine gute Autostunde von Skagen entfernt in der Ostsee liegt.

Mit der Fähre geht es in 90 Minuten von Fredrickshaven auf das nur 1.800 Seelen zählende Eiland. Während außerhalb der Saison 250 Kronen für die Überfahrt anfallen, ist es in der am 23. Juni beginnenden Hauptsaison das Vierfache. Familienfreundlich geht anders. Aber die Nachfrage regelt halt auch hier den Preis. Geht es in Skagen schon beschaulich zu, dann schalten die überwiegend alten Menschen auf Laesö noch einen Gang zurück. Am besten ist am hier mit dem Rad unterwegs, das man gleich neben dem Hafen bei Jarvis für am Tag 80 Kronen mieten kann.

Bis Byrum, der „Haupstadt“ von Laesö, ist es dann nur ne halbe Stunde mit dem Rad. Kurz nach dem kleinen Ort – ich wollte nicht Örtchen schreiben – findet sich die wohl größte Attraktion der Ostsee-Insel, die Salzgewinnung in ihren uralten Gebäuden. Hübsch anzuschauen sind auch die mit dicken Seegrasschichten gedeckten alten Höfen, wie dem På Lynget Museumshof. Los ist hier wenig. Wer also die Seele baumeln lassen möchte, der ist hier richtig. Familien finden hier seichte Uferbereiche, wo sie die Kindern sorglos im warmen Meerwasser planschen lassen können.

 

Unser Tipp: Achten Sie stets darauf, den Regeln entsprechend zu parken. Wer erwischt wird, muss umgerechnet 795 Kronen bezahlen. Dieser Tarif scheint einheitlich in ganz Jütland. Dabei ist es nicht einfach, die Parkregeln nicht zu brechen, denn die Informationen auf en Schildern finden sich meist nur auf Dänisch. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Touristen ausgenommen werden sollen.

Unser Park-Tipp gilt nicht zuletzt auch für Aalborg. Hier haben die Stadtväter entschieden, die Autos möglichst aus der Stadt verbannen zu wollen. Und so lange sie dieses Ziel nicht erreichen können, wollen Sie mit den unverhältnismäßig hohen Strafzetteln wenigstens das Stadtsäckel füllen. Wir mussten beobachten, wie täglich wiederkehrend reihenweise überraschte Touristen an den immer gleichen Stellen so abgezockt worden sind.

Ansonsten ist Aalborg eine Stadt, die es zu besuchen gilt. Die 120.000 Einwohner zählende Stadt im Norden Jütlands Dänemarks profitiert von alters her seiner Lage am Limfjord. Von hier aus kann man auf dem Seeweg von der Ostsee oder an die Nordsee fahren. Gleichzeitig bringt der Limfjord ein Seeklima in die ehemalige Industriestadt, die heute von den rund 25.000 Studenten und dem Tourismus lebt. Und wo so viele Studenten aus aller Welt eine Zeit lang zu Hause sind, blüht auch das Leben. Die Innenstadt ist nicht nur einen Besuch wert. Wer die Augen offen hält bekommt hier günstige Dänen-Mode mit ihren klaren Linien zu Preisen auf dem Niveau der bekannten Ketten. Kaffees und Kneipen gibt es hier in kreativer Vielfalt.

So auch das Lighthouse, in dem es an verschiedenen Ständen vom Fisch bis zum Kebab alles gibt. Gefuttert wird an Bierbänken entlang des Fjords oder in der alten Industriehalle. Angesagt, hipp, aber auch so ein wenig schmuddelig. Wer Lust auf altes Gemäuer hat, findet hier zahlreiche Beispiele mit ihren überlieferten Geschichten. Wer daran Spaß hat, sollte eine geführte Tour buchen und dafür locker 3 Stunden einplanen. Unter anderem ist dabei zu erfahren, dass eine Nonne von einem Mönch schwanger geworden ist und zur Strafe in eine Säule eingemauert wurde, wo sie 7 Tagen überlebte. Ach ja: Der Mönch wurde geköpft. War das damals schon gelebte Gleichberechtigung? Sei´s drum. Was man in Aalborg noch anschauen sollte? Das hyper-moderne Konzerthaus am Limfjord gleich neben den modernen Uni-Gebäuden. Und nur wenige Schritte weiter das Utzon Center, das vom gleichnamigen Architekten, der in Aalborg geboren wurde, gezeichnet worden ist.

Unsere Zeit in Nordjüdland endet nach 5 Tagen schon wieder. Mit dem Flieger geht’s vom beschaulichen Flughafen Aalborg (nur 15 Auto-Minuten von der City entfernt) über Kopenhagen zurück nach Frankfurt. Ein Direktflug wird auf dieser Route derzeit leider nicht angeboten.

Unser Tipp: Wer sich Zeit nehmen kann und das nötige Kleingeld zur Verfügung hat, der sollte sich ein Reisemobil mieten, die Räder rein werfen und in aller Ruhe Richtung Skagen aufbrechen. Denn im ebenen Nordjütland ist man mit dem Rad einfach City parken, wo nicht unverschämt teure Strafzettel drohen. Zudem ist mit dem Heim auf Rädern auch der Weg ein Stück des Ziels.Wir haben uns diese Tour für das nächste Jahr selbst vorgenommen.