Deutsche und österreichische Verkehrspolitiker sind sich zur Zeit alles andere als grün. Erst kürzlich reichte die Alpenrepublik beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen die Mautpläne der Deutschen ein und erhielt dabei auch Unterstützung der Niederlande. Nun bahnt sich erneut ein Streit an, der möglicherweise in einem Vertragsverletzungsverfahren bei der EU-Kommission in Brüssel landen könnte. Angestrengt diesmal von Deutschland gegen Österreich.
Die Streithähne sitzen vor allem in München und Innsbruck, aber auch in Wien und Berlin. Es sind Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sowie der kommissarische deutsche Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Österreichs Noch-Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SP). Zankapfel ist der Lkw-Transitverkehr über die Brennerautobahn auf Tiroler Gebiet, die wichtigste Verbindung zwischen Deutschland und Italien.
Weil es im Großraum Innsbruck immer wieder zu erheblichen Lastwagen-Staus auf dem Weg vom Grenzübergang zwischen Kiefersfelden und Kufstein Richtung Brenner kommt, versucht die Tiroler Landesregierung den Transitverkehr mit einer Blockabfertigung zu Spitzenzeiten unattraktiver zu machen. Dabei dürfen höchstens 300 Lkw pro Stunde passieren. Die Folge: Lastwagen stauen sich auf deutschem Gebiet von etlichen Kilometern Länge.
Laut Günther Platter ist „die Belastungsgrenze für Mensch und Natur im Unterinntal längst überschritten“. Deshalb fordert er zusätzlich zur zeitweisen Blockade eine einheitliche Lkw-Maut von München bis Verona, damit mehr Güter auf die Schiene verlagert werden. Zurzeit liegt die Straßenbenutzungsgebühr für Lastwagen in Bayern bei 16 Cent, in Tirol bei 88 Cent und in Südtirol auf italienischen Gebiet bei 17 Cent.
Während die Deutschen strikt gegen die Blockabfertigung sind (Joachim Herrmann: „Brechstangenpolitik.“), fordert Günther Platter neben einem höheren Mauttarif für Lkw in Deutschland größere Eile beim Bau der Zubringerstrecke für den Brennerbasistunnel im bayerischen Inntal. Obwohl die Zahlen für den Transitverkehr über den Brenner in diesem Jahr wahrscheinlich auf 2,2 Millionen Lastwagen steigen und im kommenden Jahr nochmals um acht Prozent zunehmen werden, ist Eile geboten, doch eine Einigung aber weit und breit nicht in Sicht.
Auf Anregung von Christian Schmitt soll deshalb Anfang Januar in München ein Brenner-Gipfel mit Verantwortlichen aus Deutschland, Italien, Österreich, Tirol und Südtirol stattfinden. Die Aufgabe einer Schlichterin soll dabei die EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc übernehmen. Kommt es zu keiner Einigung und bleibt Tirol bei seiner Lkw-Bremspolitik, will Christian Schmidt, der von sich gerne in der dritten Person spricht („Ja, so ist er, der Schmidt“), offiziell bei der EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich beantragen. ampnet
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