Wer geht schon gern freiwillig in den Knast? Normalerweise niemand. Aber am Samstagabend wollte das Who-is-Who der Offenburger Gesellschaft rein. Alle waren neugierig, was die neuen Eigentümer, die Brüder Christian und Dietmar Funk, aus dem alten Gefängnis gemacht haben. Hinter den dicken Gefängnismauern in der Grabenallee ist in den vergangenen 18 Monaten nämlich ein modernes Luxus-Hotel vom Feinsten entstanden. Im „Liberty“ mit seinen 38 Zimmern und Suiten dürfte wohl keiner der „Insassen“ mehr an Ausbruch denken. Im Gegenteil. Mit lebenslänglich könnte man sich hier am Fuße des Schwarzwaldes bestens anfreunden.
Welche musikalische Einstimmung würde besser zu einem ehemaligen Gefängnis passen, als die Klänge der Befreiungsoper Fidelio von Beethoven. Tenor Niclas Oettermann versetzte die Premieren-Gäste musikalisch zwei Jahrhunderte zurück. „Dieses Gefängnis, das zwischen 1840 und 1845 erbaut wurde, war ein Ort der Unfreiheit, ein Ort, an dem Menschen die frei dachten, genau deswegen eingesperrt wurden“, erinnerte Christian Funk. Die ersten Insassen sind Freiheitskämpfer der Badischen Revolution gewesen. „Die Vordenker der Demokratie in Deutschland“, so Funk weiter. Die Freiheitskämpfer standen damals wohl auch, wie die geladenen Gäste an diesem Abend, im Hof zwischen Trakt 1 und 2. Mit dem kleinen Unterschied, dass heute ein moderner Glaskubus die beiden Gebäude harmonisch verbindet. Hier finden sich nun in Lobby, Lounge und Restaurant.
Noch vor rund 10 Jahren saßen hier reale Gefangene ein. Die Zellen waren gerade mal 9 Quadratmeter groß mit schmalen Lichtschlitzen und Stockbetten aus Eisen, belegt mit zwei Gefangenen. Alles eng, stickig und bedrohlich. Kann man aus solcher Bausubstanz ein Wohlfühlhotel machen, das den Namen Liberty trägt? „Wir glauben, ja“, so Dietmar Funk. „Mit einer Vision und den nötigen Respekt vor der Geschichte.“ Fünf Jahre dauerten Planung und Umsetzung. Die Rohbauarbeiten selbst begannen im April 2016. Aus 2 bis 3 Zellen sind nun moderne Luxus-Zimmer mit freigelegten Backstein-Gewölbedecken entstanden, die kaum Wünsche offen lassen. Die alten Zellentüren werden im neuen Luxus-Hotel selbstredend nicht mehr ins Schloss fallen, aber sie wurden aufwändig restauriert, und an Wänden der Flure befestigt. So weht auch weiterhin der Geist der ehemaligen Nutzung durch das Gebäude. Das neue Hotel wird indes nicht auf Massentourismus abzielen, bei Preisen von 150 bis 625 Euro ist die Übernachtung eher etwas für den Geldbeutel von Geschäftsleuten.
Der Dank der beiden Investoren ging an die Bau-Koordinatoren Jochen Weinzierl und Claudia Wöllner, den Innenarchitekten von der Firma Konrad Knoblauch GmbH, die das Projekt „mit viel Seele“ umgesetzt hätten. Nach den Dankesworten folgte ein Rundgang durch das neue Hotel. Und die Gäste fanden Zimmer und Suiten vor, in denen jedes Detail stimmt. Modern und klar gezeichnet. Mit Reminiszenzen an das Vergangene, ohne kitschig zu wirken. Zu Recht wurde das „Liberty“ als Design-Hotel gelistet. „Darauf kann Offenburg stolz sein“, war von vielen beeindruckten Premierengästen zu hören, die staunend aufnahmen, was hier mit viel Liebe zum Detail geschaffen wurde. „Du kannst nicht nur Kirche, du kannst auch Knast“, bedankte sich Christian Funk auch bei Graffity-Künstler Stefan Strumbel, dessen Kunst in Zimmern zu sehen ist. Einen Gefängnisvorsteher werde es künftig hier nicht mehr geben, dafür aber einen Schweizer Generalmanager. Marc Aeberhard soll den „Insassen“ künftig jeden Wunsch von den Augen ablesen.
Zwar habe man das Restaurant „Wasser und Brot“ genannt, doch kulinarisch solle man sich daran wahrlich nicht orientieren. Sterne-Koch Jeremy Biasiol, der die Gäste in letzten 10 Jahren im Shangri-La Hotel in Shanghai verwöhnt hat, wurde für die „Knastküche“ verpflichtet. Der gebürtige Franzose gab den Gästen an diesem Abend mit einem Flying-Buffet eine vorzügliche Kostprobe seiner Kunst. Das Restaurant mit seiner offenen Kochstelle und die gemütliche Bar im „Liberty“ sind auch für Nicht-Hotelgäste offen und könnten ein Offenburger Szene-Treff werden. „Wir freuen uns, dass aus der ehemaligen Justizvollzugsanstalt ein Designhotel geworden ist“, gratulierte Offenburgs Oberbürgermeisterin Edith Schreiner. „Sie haben ein Schmuckstück geschaffen, auf das Offenburg sehr stolz ist“, so die OB. Man spüre, dass dieses Hotel eine Herzensangelegenheit ist. Auf der Homepage des Hotels kann man mehr über die Geschichte und das Konzept des neuen gastronomischen Aushängeschilds nachlesen.